Acoustic Signature Primus, Plattenspieler

Welche Händler auch zur Corona-Krise Acoustic Signatur bei Ihnen zuhause präsentieren, lesen Sie hier.

Der Acoustic Signature Primus verbindet High End mit Plug-and-play und bietet ein Verhältnis aus Fertigungsaufwand und Preis, das selbst für einen chinesischen Spielereindrucksvoll wäre. Doch der Primus stammt nicht aus China, sondern aus Schwaben. Und verdankt dem Fernen Osten womöglich aus einem ganz anderen Grund seine Existenz. 

von Bernhard Rietschel

Komplett mit hauseigenem Tonarm und Ortofon -Abstater: 1.700 Euro

Mit 8,5 kg Gewicht und einem Preis von 1700 Euro ist der Primus ein stattlicher Spieler – und dennoch erst der Einstieg in das Programm von Acoustic Signature. Eine Stufe günstiger ginge noch, mit der Basisausführung des Primus für 1300 Euro mit Rega-Arm.

Doch der hauseigene Tonarm TA-500, der auf unserem Testgerät das serienmäßige Ortofon-System führt, ist in Klang und Finish so offensichtlich besser, dass der dafür berechnete Mehrpreis von 400 Euro wie ein Sonderangebot erscheint. Hinzu kommt, dass beim Primus mit Acoustic-Signature-Arm eben auch dieser und damit tatsächlich alle mechanischen Teile made in Germany sind. Made in Süßen bei Göppingen, um genau zu sein. Was das wert ist, versteht man sofort, wenn man sieht, wie kompromisslos quali- tätsbewusst Firmenchef Gunther Frohnhöfer und seine rund 20 Mitstreiter/-innen dort arbeiten. Für den Bau der Tonarme etwa beschäftigt der schwäbische Maschinenbauer eine Goldschmiedin und einen Uhrmacher – Leute also, die bewusst Berufe gewählt haben, in denen es um die Herstellung ästhetischer wie mechanischer Perfektion geht. Präzise, bis ins letzte Anzugsdrehmoment reichende Arbeitspläne mit zahllosen Kontrollschritten begleiten jedes Werkstück durch die Firma.

Und so schwingt sich bereits der TA-500 als kleinster der insgesamt sechs Acoustic- Signature-Arme mit jener besonderen Mi- schung aus Geschmeidigkeit, Leichtlauf und Spielfreiheit über die Platte, die mit Worten schwer zu beschreiben, mit Finger- spitzengefühl und etwas Erfahrung aber blitzschnell zu ertasten ist. Nur wenn diese drei Größen bei einem Arm perfekt stimmen, erreicht ein darin montiertes System wirklich maximale Dynamik, Abtastfähig- keit und Verzerrungsarmut. Kurz gesagt: Wenn sich ein Arm anfühlt wie der TA-500, lohnt es sich auch, über teure Tonabnehmer nachzudenken. Wenn nicht, dann nicht.

Natürlich gibt es vergleichbare oder gar größere System-Führungskompetenz auch bei anderen Herstellern – von Vintage bis brandneu, von Avid bis Zeta. Aber nur sehr selten ist ein solcher Arm dann so erschwinglich und zugleich ausgereift wie der TA-500, der solo gerade mal 800 Euro kostet – samt Mogami-Innenverdrahtung, Audioquest-Anschlusskabel, einem doppel- wandigen und dadurch höchst resonanz- armen Rohr aus Kohlefaser, Miniaturkugel- lagern von SKF sowie einem nicht etwa zugekauften, sondern wiederum in Süßen gebauten, vorbildlich präzise arbeitenden Lift.

Angesichts des fabelhaften Gegenwerts verzeiht man dem Arm dann auch gerne einen gewissen, der minimalistischen Konstruktion geschuldeten Mangel an Justage- komfort : Will man für einen neuen Abtaster den Überhang verstellen, geht dabei auch der Kröpfungswinkel flöten, weil der Sytemträger sich beim Lösen der zentralen Klemmschraube nahezu unweigerlich verdreht. Das nervt und kostet Zeit, zumal die korrekte Kröpfung von 22 Grad (die man normalerweise ja beibehalten will) weder optisch noch mechanisch vorgegeben ist. Auch die Auflagekraft-Einstellung ist um- ständlich, weil das Gegengewicht zwar einen großen Verstellbereich, aber weder Gewinde noch Skala aufweist, jede Änderung also mit einer Tonarmwaage kontrolliert werden muss. Halb so schlimm – das machen andere auch so und brauchbare Waagen sind heute spottbillig.

Bis man die Waage wirklich braucht, können zudem Monate oder gar Jahre vergehen. Denn der Primus kommt in bester Plug-and-play-Manier mit einem vormontierten System und aufs Zehntel genauvoreingestellter Auflagekraft aus dem Karton. Das System heißt Acoustic Signature MM1, ist in Wirklichkeit aber nichts anderes als das beliebte und bewährte Ortofon 2M Red. Was neben rockig-dynamischem Klang auch den Vorteil hat, dass man es später durch simplen Nadeltausch in ein noch feineres, eleganteres 2M Blue verwandeln kann – und nicht mal dann zwingend am Gewicht schrauben muss, da für beide Nadeln identische Auflagedruck-Empfehlungen gelten. Wer nun annimmt, dass das Budget angesichts der schönen Arm-System- Kombination nur noch für ein Not-Laufwerk reicht, liegt daneben: Allein 4,5 Kilo wiegt der aus Alu gedrehte Plattenteller, der sich dank einer modernen, mit Diamantwerkzeug arbeitenden CNC-Anlage schon ohne große Oberflächenveredlung blitzblank präsentiert. Seine Unterseite ist mit einem relativ harten Bitumen-ähnlichen Material ausgegossen, um die bei einteiligen Tellern stets vorhandene Klingelneigung zu unterdrücken. Und das gelingt, wie ein kurzer Klopf- test zeigt, sehr gut – wenn auch nicht so perfekt wie bei den größeren Modellen, deren Teller mit eingepressten Messing- »Silencern« und Sandwichbauweise schalltot wie rotierende Grabsteine sind. Die Zarge des Primus kann man auf den ersten Blick für einen schwarzen Acryl-Barren halten, sie besteht aber im Wesentlichen aus MDF mit einer hochglänzend schwarz laminierten Oberfläche. Auch hier fehlen also der mehrschichtige Sandwich-Aufbau und der opulente Materialeinsatz, die den größeren Brüdern des Primus zu noch besserer Performance, aber auch zu höherem Preis verhelfen. Das MDF wird übrigens in der direkten Nachbarschaft von Acoustic Signature gefräst ; die Aufdrucke auf Zarge und Bedienfeld entstehen dann schon wieder komplett im eigenen Haus.

Nur den eigentlichen Antrieb bestellen die Schwaben in Fernost: ein ruhig laufendes Gleichstrom-Motörchen, klassisch hinten links montiert, samt hochstabiler, für jede Drehzahl separat justierbarer Spannungsversorgung, die im vorderen linken Eck der Zarge haust. Bei DC-Motoren ist die Drehzahl direkt von der Versorgungsspannung abhängig, sodass sich jede noch so kleine Spannungsdrift direkt auf die Tonhöhe aus- wirkt. Im Test legte der Spieler in den ersten ein, zwei Minuten Aufwärmzeit ein unhörbares, aber messbares Zehntelprozent zu, um dann über Tage und Wochen – über 5000 Stunden Dauerbetrieb – absolut stabil seine Runden zu drehen. Auch nach dieser Zeit zeigte der schlanke Vierkantriemen, der die Antriebskraft auf den äußeren Teller- rand überträgt, keinerlei Abnutzungs- oder Ermüdungserscheinungen.

Zu hören ist von den Antriebskräften und der gemächlichen Rotation des schweren Tellers – nichts. Der Primus läuft geräuschfrei, unabhängig davon, ob man direkt am Gerät lauscht oder per Kopfhörer tief in den Signalhintergrund hineinhorcht. In Musikpausen kann man – je nach Platte – die Nebengeräusche der Schneidemaschine erkennen und die mehr oder weniger glatten Flanken der Vinylrille vor dem geistigen Auge vorbei rauschen sehen. Eigene Zugaben dagegen verkneift sich der Primus so weitgehend, dass sie gehörmäßig nicht mehr wahrnehmbar sind. Das bedeutet einen Rumpelabstand deutlich jen- seits der 70-dB-Grenze, und das Wissen, dass jedes weitere dB mit großem Mehraufwand erkämpft werden müsste. Mit dem Primus erreicht man ein Perfektionslevel, auf dem es sich prima auch viele Jahre leben lässt – in dem Wissen, dass es zwar immer noch besser geht, dieser nächste Schritt aber keine Notwendigkeit, sondern allenfalls eine sportliche Herausforderung darstellt. Neben dem gleich teuren Technics SL-1200 GR gehört, zeigte ich vor allem über Kopfhörer die klangliche Überlegenheit des deutschen Spielers gegenüber seinem (immerhin deutlich komfortableren) japanischen Kollegen: Während der Primus Impulse (auch etwa von Knacksern und anderen Unebenheiten) blitzschnell und ohne Nachwirkungen verarbeitete, hängte der Technics ihnen eine Spur Eigenklang an, ein ganz kurzes »Dung!«-Nachklingen auf der Eigenresonanz des Armrohrs oder Tellers, das man wahlweise auch durch behutsames Anklopfen provozieren kann. Obwohl beide einen sehr ruhig laufenden Antrieb haben, wirkt daher der Primus mit realen Platten störärmer, neutraler und weniger nervös als der SL-1200. Klanglich zeigte der Primus deutliche Ähnlichkeit zu den mächtigen Masselaufwerken aus seiner direkten Verwandtschaft: Beim ersten Hinhören wirkte er eher schlank, um einige Takte später einen ultratiefen, sauber strukturierten Bass hervorzuzaubern – ein präzises, glaubwürdig ausgeformtes Fundament in Bereichen, die für kleinere Spieler schlicht off limits sind. Am anderen Ende des Frequenzgangs hört man, wie der ellipti- sche Diamant des 2M Red förmlich über sich hinauswächst und unter der kräfte- und resonanzfreien Führung durch den TA-500 einen seidig-offenen, unangestreng- ten Hochton entwickelt, den man von diesem System – das auch in vielen preis- werteren Spielern vormontiert ist – so nur selten hört.

»Effektfrei, fein aufge-löst, sehr breitbandig: Der Primus klingt wie ein richtig großer High-End-Spieler.«

Unterm Strich bietet der Primus also einen distinguierten, souverän neutralen und sehr verzerrungsarmen Klang mit enorm stabiler Raumaufteilung. Ernst zu nehmende Konkurrenten sind dünn gesät – wer einen weniger breitbandigen, dafür im Grund- und Mitteltonbereich griffigeren Gegenentwurf sucht, kann sich den Rega Planar 6 anhören. Aber das ist der einzige Vergleich, bei dem der Autor Mühe hätte, sich zu entscheiden. Als erstes Upgrade bietet sich der Austausch der Red- durch eine Blue-Nadel an. Wir probierten im Test auch das noch vornehmere 2M Bronze und waren von der Abtastsicherheit und Verzerrungsarmut und dem edlen, farbenreichen Klang begeistert, den dieses System im Primus entwickelte. Auch MC- Systeme mit nicht zu harter Aufhängung (etwa das brandneue Sumiko Songbird für 1000 Euro) finden im Tonarm des Primus eine absolut adäquate Heimat.

Einen Haken hat das Ganze: Acoustic- Signature-Chef Gunther Frohnhöfer hat im Moment Mühe, der vielen Aufträge für teure Topmodelle Herr zu werden. Sein gro- ßer Erfolg in Asien, ausgelöst ausgerechnet durch den ebenso gigantischen wie gigan- tisch teuren Invictus, lastet Frohnhöfers Firma oft bis ans Limit aus. Und da der knapp kalkulierte Primus im Vergleich zu seinen teuren Geschwistern kaum Gewinn bringt, läuft er Gefahr, eines Tages aus dem Programm zu fliegen, damit Kapazitäten für die lukrativeren teuren Modelle frei werden. Damit würde der Primus von denselben übergroßen Brüdern verdrängt, die einst seine Produktion überhaupt erst möglich machten. Denn der moderne Maschinenpark, auf dem heute eben auch die Primus- Teile in Topqualität und zugleich auf rationelle Weise entstehen, wurde mit Gewinnen finanziert, die in erster Linie der weit über 100000 Euro kostende Invictus auf dem asiatischen Markt einspielte. Sollten Sie also Lust auf einen für die Ewigkeit gebauten bildschön verarbeiteten Spieler haben, der teuer aussieht, noch teurer klingt, aber nach High-End-Maßstäben verblüffend preiswert ist, dann holen Sie sich einen Primus. Und zwar besser bald, denn man weiß ja nie. Und wenn Ihnen mal wieder nach Lästern zumute ist über Maximalisten-Laufwerke, vor deren Aufbau man einen Statiker kon- sultieren muss, dann denken Sie daran: Ohne den monströsen Invictus hätte es den schnuckeligen, sympathischen Primus in dieser Form vermutlich nie gegeben.

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